Klimaschutz und Dekarbonisierung

GRI 3-3

Strategie und Programm zur CO2-Reduzierung

Der Betrieb von Wohn- und Gewerbeimmobilien verursacht mit rund 30 % knapp ein Drittel der CO2-Emissionen in Deutschland, Emissionen aus der Strom- und Fernwärmenutzung nicht eingerechnet². Die CO2-Emissionen im Gebäudesektor zu verringern, gehört daher zu den Schwerpunkten des Klimaschutzprogramms der Bundesregierung. Oberstes Ziel ist die Treibhausgasneutralität Deutschlands bis 2045. Auf diesem Weg sollen bereits bis 2030 alle Treibhausgase um 65 % gegenüber dem Referenzjahr 1990 reduziert werden³.

 

Mit unserer Klimastrategie wollen wir unsere Unternehmensaktivitäten gemäß dem Klimaschutzprogramm der Bundesregierung gestalten. Es ist unser erklärtes Ziel, bis 2025 die CO2-Emissionen gegenüber 2015 um mindestens 35 %, gemessen an der Intensität, zu reduzieren – und das über den gesamten Lebenszyklus. Unsere Dekarbonisierungsstrategie baut auf drei Säulen auf: transparente Energie- bzw. CO2-Bilanzierung, Optimierung des Gebäudebestands sowie erforderliche Finanzierungsinstrumente. Diese drei Säulen sollen als Ausgangspunkt für die Festlegung von Klimapfaden für die Geschäftsbereiche Wohnen und Gewerbe bei Volkswagen Immobilien dienen.

 

Die Entwicklung von Klimapfaden⁴ als Hauptinstrumente zur Erreichung unserer Klimaziele ist Teil der VWI Nachhaltigkeits-Roadmap. Im Jahr 2022 wurden Klimapfade für die Bereiche Wohnen und Gewerbe, basierend auf dem Carbon-Risk-Real-Estate-Monitor(CRREM)-Tool, definiert. Für den Klimapfad im Bereich Wohnen hat sich ein interdisziplinär besetztes Team etabliert, das kontinuierlich Maßnahmen zur Zielerreichung diskutiert, erprobt, definiert und umsetzt. Dazu gehört im Jahr 2023 u. a. die fortgesetzte Erneuerung einer ausgewählten Heizzentrale, als Pilotobjekt, mit der Umrüstung von Hochdruck- auf Niederdruckanlagen. Dadurch wurde die Vorlauftemperatur von 100 °C auf 75 °C reduziert, um die Energieeffizienz unserer Gebäude zu erhöhen.

 

Ein analoges Vorgehen wurde im zweiten Quartal 2023 für den Bereich Gewerbe aufgesetzt. Für die Ausarbeitung von Maßnahmen werden fortwährend unterschiedliche Informationen der Objekte zu Analysezwecken zusammengetragen und Einsparpotenziale ermittelt. Ziel ist eine objektscharfe Priorisierung der Liegenschaften im kommenden Jahr 2024, um die Zielerreichung der CO2-Emissionen stufenweise zu definieren.

Bei der Priorisierung der Maßnahmen orientieren wir uns an den drei hierarchisch ausgerichteten Bausteinen des Dekarbonisierungsprogramms des Volkswagen Konzerns: Reduktion, Transformation und Kompensation.

Reduktion: effektive und nachhaltige CO2-Reduktion

Mit BLUE BUILDING haben wir 2019 erstmals einen eigenen auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz ausgerichteten Standard für den Neubau von Wohn- und Gewerbeimmobilien etabliert, den wir 2022 nochmals überarbeitet haben. BLUE BUILDING 2022 schreibt den Energieeffizienzstandard EG-40-EE vor und unterschreitet den seit Januar 2023 verschärften gesetzlichen Energieeffizienzstandard EG-55-EE weiterhin um 15 %. Außerdem vermeiden wir in Neubauvorhaben den Einsatz fossiler Brennstoffe durch gezielte Einbindung erneuerbarer Energien und nutzen bei technischer Gegebenheit die Gebäudeoberflächen zur Eigenstromversorgung. Zudem wurden in BLUE BUILDING 2022 weitere wichtige Aspekte verankert, wie Vorgaben zur Erfüllung der EU-Taxonomie-Verordnung sowie zur stärkeren Berücksichtigung der Kreislaufwirtschaft und Biodiversität.

BLUE BUILDING geht mit seinen Vorgaben zur energetischen Modernisierung, Materialeffizienz und Wärmeversorgung über die gesetzlichen Vorgaben hinaus, ist wissenschaftlich fundiert, praktisch erprobt und folgt der Systematik anerkannter Immobilienzertifizierungssysteme. Über die Gestaltung der Mietverträge fördern wir mit BLUE LEASE einen ressourcenschonenden Betrieb der Immobilie. Durch BLUE FINANCE sichern wir die Finanzierung eines klimafreundlichen Immobilienportfolios ab.

Auch unsere eigenen betrieblichen Prozesse (Logistik, Fuhrpark, Dienstreisen) sind klimaschonend ausgerichtet. So streben wir in 2024 beispielsweise die vollständige Umstellung des Fuhrparks auf E-Fahrzeuge und/oder Hybride an. Des Weiteren planen wir derzeit ebenso die Umstellung unseres Betriebshof-Fuhrparks auf E-Fahrzeuge, sofern die jeweilige Fahrzeugart die Umstellung ermöglicht.

 

 

Transformation: Wechsel zu erneuerbaren Energien

Wir decken bereits seit Jahren unseren Bedarf an Allgemeinstrom und Mieterstrom bei von Volkswagen sowie deren Tochtergesellschaften genutzten Immobilien überwiegend durch den von der VW Kraftwerk GmbH bereitgestellten Volkswagen Naturstrom®. Auch die von VWI selbst genutzten Immobilien beziehen Ökostrom.

 

Der Einsatz von Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) ist mittlerweile fester Bestandteil des BLUE-BUILDING-Standards. Im Gewerbebereich haben wir bereits Pachtmodelle zur Eigenstromversorgung unserer Gewerbekunden mithilfe von Photovoltaik implementiert, beispielsweise für Brose Sitech in Emden mit einer Leistung von 330 kWp sowie für die Porsche Niederlassung Stuttgart (90 kWp). Für 2024 ist die Inbetriebnahme einer weiteren Anlage auf dem derzeit entstehenden neuen Volkswagen Autohaus Hannover-Süd geplant, inklusive Fassaden-PV-Anlagen. Weiterhin prüfen wir derzeit intensiv die Möglichkeit, auch auf gewerblichen Bestandsgebäuden PV-Anlagen errichten zu können.

 

Im Wohnbereich konnte bereits bei den Hochbauvorhaben in den Steimker Gärten ein Batteriespeicher mit 2 MWh Leistung installiert werden, die Inbetriebnahme wird für 2024 angestrebt. Der Speicher soll dazu dienen, kostenintensive und netzbelastende Energieverbrauchsspitzen abzufedern. Zudem konnten wir die Errichtung einer PV-Anlage umsetzen, auch hier ist die Inbetriebnahme für das Jahr 2024 geplant. Außerdem setzen wir im Wohnbauprojekt Mozartbogen nach der Sanierung eine 40 kW starke Wärmepumpenanlage zur Wärmeversorgung von 87 Wohneinheiten ein. Bei dem Sanierungswohngebäude Mozartbogen wird im Zuge der umfangreichen Sanierung eine 75 kWp PV-Anlage geplant.

 

Unser Portfolio gestalten wir im Rahmen unseres Gesamtkonzeptes „Ladeinfrastruktur“ mit Infrastrukturlösungen anschlussfähig, die ebenfalls auf Volkswagen Naturstrom® oder Ökostrom basieren. Im Bereich Wohnen verfügten wir zum Jahresende 2023 über 86 Ladepunkte mit einem Ladevolumen von über 100.000 kWh per anno in verschiedenen Stadtteilen auf den Parkplätzen neben den Wohngebäuden. Für das Jahr 2024 planen wir die Erhöhung der Anzahl der Ladepunkte auf insgesamt 100.

 

Im gewerblichen Bereich ist die Existenz entsprechender Verkehrsinfrastrukturpunkte Teil der Standortauswahl. Aktuell stellt Volkswagen Immobilien an seinen Gewerbestandorten 164 Ladepunkte zur Verfügung, mit einem Ladevolumen von über 250.000 kWh per anno. 74 Ladepunkte befinden sich allein im Bürozentrum Nord. Davon sind auch vier Ultraschnellladestationen (High Power Charger – HPC) nutzbar, die vom Joint Venture Ionity installiert wurden, an dem der Volkswagen Konzern neben anderen Automobilherstellern beteiligt ist. 14 Ladepunkte wurden von Volkswagen Immobilien allein im Jahr 2023 neu errichtet und in Betrieb genommen. Acht weitere Ladepunkte befinden sich aktuell in Planung bzw. Umsetzung.

 

Weitere 182 Ladepunkte mit einem Ladevolumen von über 500.000 kWh p.a. Naturstrom werden von der VWI in Braunschweig bei der FSAG betreut und gemonitort.

 

Kompensation: Ausgleich der verbleibenden Emissionen

Unser Ziel ist es primär, keine bis wenige Emissionen kompensieren zu müssen. Durch die Aufstellung eines Grünflächen- und Baumkatasters unserer Grundstücke haben wir Transparenz und die Voraussetzung für Kompensationsmaßnahmen im Grünflächenmanagement geschaffen. Parallel fördern wir aktiv Renaturierungs- und Biodiversitätsmaßnahmen (mehr dazu im Kapitel Biodiversität).

Lebenszyklusanalyse – Ökobilanzierung für Gebäude

Die Immobilienwirtschaft steht in der Verantwortung, Gebäudekonzepte ressourcenschonend und vorausschauend zu entwickeln, um die Umweltauswirkungen von Gebäuden zu minimieren. Dafür ist es notwendig, sich einen ganzheitlichen Überblick über die Umweltauswirkungen unserer Immobilien zu verschaffen. Dieses Ziel verfolgen wir mit der Ökobilanzierung unserer Bauvorhaben, einer materialeffizienten Gebäudestruktur sowie der Optimierung der End-of-Life-Phase unserer Gebäude.

 

Durch eine projektbezogene, den Anforderungen der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) entsprechende Ökobilanz bewerten, optimieren und dokumentieren wir die Materialinanspruchnahme von Bauvorhaben und die Umweltauswirkungen unserer Immobilien. In zwei Ökobilanzstudien für unseren Wohn- und Bürobestand haben wir bereits die wesentlichen CO2-Treiber aus dem Gebäudebetrieb und der Gebäudekonstruktion analysiert und Maßnahmen geprüft, mit denen wir zukünftige Neubauprojekte bereits in der Konzeptionsphase optimieren können. Auch aus unseren Neubauvorhaben, wie dem Autohaus Audi Trudering in München oder dem neuen Bürogebäude von Škoda in Mladá Boleslav, konnten wir wertvolle Erfahrungswerte gewinnen. 2023 haben wir uns dazu entschieden, Ökobilanzen zukünftig mit der professionellen Bilanzierungssoftware One Click LCA zu erstellen und eine interne Kompetenz für die Ökobilanzierung über Weiterbildungen aufzubauen. Damit können wir unsere eigenen Planungsprozesse für Neubauten und Sanierungen optimieren und zudem ein neues Beratungsangebot für unsere Kunden bereitstellen.

 

Grundsätzlich legen wir großen Wert auf eine materialeffiziente Gebäudestruktur sowie eine hohe Anpassungsfähigkeit an sich ändernde Nutzungsbedingungen unserer Immobilien. So richten wir schon in der frühen Planungsphase bei der Konstruktion den Fokus auf trennbare, recyclingfähige Lösungen. Im Bereich Wohnen setzen wir bereits in bestimmten Projekten Produkte aus recycelten Materialien ein, wie z. B. Pflastersteine in den Steimker Gärten. Darüber hinaus kommen Produkte mit einer längeren Lebensdauer im Vergleich zu anderen Materialien zum Einsatz, wie etwa Mineralwolle für die Dämmung von Gebäuden. Im Bereich Denkmalschutz werden teilweise die historischen Materialien wiederverwendet.

 

Parallel gewinnt die Optimierung der End-of-Life-Phase im Lebenszyklus von Gebäuden für Volkswagen Immobilien stetig an Bedeutung. Bei den Gewerbeneubauten schafft Volkswagen Immobilien mithilfe der Ökobilanz, der Bauproduktdeklaration und der Analyse der Rückbaubarkeit eine solide Datenbasis, um die verbauten Stoffmengen erfassen und diese am Ende des Lebenszyklus in den Stoffkreislauf zurückführen zu können. Insbesondere der ökologisch und sozial verantwortungsvolle Abbau von Rohstoffen spielt dabei eine große Rolle. Daher setzen wir für unsere Konstruktionen mit Holz ausschließlich FSC- oder PEFC-zertifizierte Materialien und für Konstruktionen mit Naturstein CE-gekennzeichnete Produkte ein.

 

Darüber hinaus sind mit dem BLUE-BUILDING-2022-Standard und einer DGNB-Zertifizierung klare Vorgaben für Rückbau und Recyclingfähigkeit verbunden. Dazu gehören eine abfallarme Baustellenführung, die sortenreine Trennung und Dokumentation der Abfälle, die nachweisliche Entsorgung von Sondermüll gemäß gesetzlichen Vorgaben sowie die Prüfung der Umnutzungsfähigkeit von Gewerbeneubauten. In diesem Rahmen werden mindestens 70 % der anfallenden Bau- und Abbruchabfälle (bezogen auf die Masse) für eine Wiederverwendung, Recycling oder stoffliche Verwertung einschließlich Auffüllarbeiten aufbereitet.

 

Für das Jahr 2024 erwarten wir auf gesetzlicher Grundlage nach einem Entwurf der DGNB die Einführung des sogenannten Gebäuderessourcenpasses. Bereits jetzt erstellen wir entsprechend unserem BLUE-BUILDING-Standard für jedes Neubauprojekt einen Bauteilkatalog mit Informationen zu den verwendeten Bauprodukten, Baumassen und dem End-of-Life-Szenario, der zukünftig als Basis für einen Gebäuderessourcenpass dienen kann.

² Umweltbundesamt (2024): Energiesparende Gebäude.
https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/energiesparen/energiesparende-gebaeude#gebaude-wichtig-fur-den-klimaschutz

³ Bundesregierung (2024): Ein Plan fürs Klima. Klimaschutzgesetz und Klimaschutzprogramm.
https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/tipps-fuer-verbraucher/klimaschutzgesetz-2197410

⁴ Definition Klimapfad: Der Begriff Klimapfad definiert eine Arbeitsgruppe, um Teilstrategien unserer Klimastrategie zu ermitteln und Maßnahmen auszuarbeiten und einzuleiten.